Was Coaching ist - und was nicht!

Wenn ich mit Leuten darüber spreche, dass ich Menschen und Teams coache, werden mir immer wieder zwei Fragen gestellt. Die eine Frage ist: „Bei welchen Anliegen?“ und die andere Frage ist „Wen coachst du?“.

 

Diese Fragen deuten auf ein gewisses Coaching-Verständnis bei meinem Gegenüber hin. Mein Gegenüber ist der Meinung ist, dass ich nur bestimmte Anliegen bearbeite bzw. nur bestimmte Berufsgruppen unterstütze. Im Hintergrund höre ich, dass ich nur solche Anliegen bearbeiten kann, für die ich Experte bin und nur solche Berufsgruppen unterstützen kann, bei denen ich mich auskenne.

Und natürlich liegt ein Stück Wahrheit in dieser Ansicht: Ich möchte nicht alle Anliegen bearbeiten, sondern habe mich spezialisiert, Menschen in Führungsverantwortung bei deren Fragestellungen zu unterstützen. 

 

Aber ich bin nicht der „Fachmann“ im Thema Führung (obwohl ich sehr viel Erfahrung darin habe) und ich bin auch nicht der „Fachmann“ für bestimmte Branchen, z. B. Bankwesen (obwohl ich auch hierzu einiges zu sagen hätte). Denn mein Gegenüber ist der Fachmann für diese Themen!

 

Was passiert denn nun eigentlich beim Coaching?

Gerade beim Coaching kommt es deshalb darauf an, dass der Coach nicht der Experte für das Thema ist, sondern er ist der Experte für den Beratungs-Prozess. Das bedeutet, dass er mit den richtigen Fragen und den angewandten Tools dem Gegenüber hilft, eine passende Lösung für sein Thema zu finden. 

 

Grund für diese Haltung ist, dass die vorgetragenen Probleme in der Regel so individuell sind, dass eine „0-8-15-Lösung“ nicht passend wäre. Vielmehr geht es darum, den Gesprächspartner zu unterstützen, eine ganz persönliche Lösung für diese konkrete Situation zu finden und diese auch anzuwenden.

 

Dieser Sachverhalt wird von Prof. Dr. Ingmar Maurer in seinem Buch „Führungskräftecoaching“ in einem Satz prägnant zusammengefasst: „Coaching [wird] als eine individuelle Prozessberatung für Führungskräfte verstanden, bei welcher der Klient als eigenverantwortliches und handlungsfähiges Individuum auf der Basis einer humanistischen Grundhaltung von einem neutralen und unabhängigen Coach bei der Lösung individueller berufsbezogener Probleme sowie bei der Verbesserung seiner Selbstregulationsfähigkeit begleitet wird“. 

 

Jemanden zu coachen bedeutet also nicht, dass der Coach mehr zu dem Thema weiß als der Gesprächspartner. Vielmehr wird das fachliche Expertentum des Gesprächspartners mit dem methodischen Expertentum des Coaches zusammengebracht und so eine Lösung erarbeitet, auf die der Gesprächspartner alleine (vermutlich) nicht gekommen wäre. Ferner ist Coaching immer Hilfe zur Selbsthilfe, dass bedeutet, dass die Führungskraft bei ähnlichen Fragestellungen - in der Zukunft - in der Lage ist, diese eigenständig zu klären.

 

Wenn man sich von einem Coach beraten lassen möchte, sollte die Fragestellung nicht sein: „Erkläre mir, was ich tun muss, damit die Situation besser wird!“, sondern man sollte mit der Haltung kommen: „Hilf mir mich und die Situation besser zu verstehen, damit ich in die Lage versetzt werde, mit meiner Fragestellung angemessen umzugehen.“

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